Eine etwas andere Geschichte über Santa Claus und einen himmlischen Datenschutzbeauftragten
Eine Geschichte rund um Santa Claus, Datenschützer TOM und einen weihnachtlichen Datencrash
Draußen wurden die Blätter an den Bäumen herbstlich bunt, die Tage wurden kürzer und die Nächte kälter. Keine Frage, es war an der Zeit für Santa Claus, mit den entscheidenden Vorbereitungen für Weihnachten zu starten.
Wie immer um diese Zeit wollte er damit beginnen, einen Blick in die Aufzeichnungen über die guten und bösen Taten der Kinder auf der Erde zu werfen. Also beendete er seinen Urlaub, spannte seine Rentiere vor den Schlitten, der bekanntlich keinen Schnee zum Fliegen braucht, und machte sich auf zum Nordpol. Dort ging er in sein Arbeitszimmer, schaltete den Computer an. Der Computer machte ein hässliches Geräusch, einige Lämpchen blinkten, dann noch einmal ein hässliches Geräusch – und nichts passierte.
Das kann schon mal vorkommen, also prüfte Santa Claus erst einmal, ob der Stecker eingesteckt war und alle Kabel angeschlossen waren - schließlich hatte er den Computer nach dem Ende der letzten Kampagne, also seit dem vergangenen Weihnachtsfest, nicht mehr benutzt. Erneut drückte er den Einschaltknopf und wieder machte der Computer ein hässliches Geräusch, einige Lämpchen blinkten, dann noch einmal ein hässliches Geräusch – und es passierte – nichts.
Er rief seinen Oberelf Bernard zu sich. „Mein Computer startet nicht.“ Bernard zog den Stromstecker aus der Steckdose, steckte ihn erneut ein, prüfte, ob alle Kabel richtig angeschlossen waren, drückte den Einschaltknopf und der Computer machte ein hässliches Geräusch, einige Lämpchen blinkten, dann noch einmal ein hässliches Geräusch es passierte – immer noch nichts. Hilflos sah er zu Santa Claus auf und meinte nur: „Dein Computer startet nicht.“
So langsam wurde Santa Claus ungehalten. „Es ist Herbst, Weihnachten rückt unaufhaltsam näher, ich muss die Datei der Kinder und ihrer Taten checken – und mein Computer startet nicht! Hol sofort den Curtis her, der kennt sich doch mit der Technik aus!“
Bernard spurtete los. „Ich brauche sofort den Curtis! Wisst ihr, wo der steckt?“ rief er den Elfen zu, die ihm begegneten. Doch keiner konnte ihm sagen, wo Curtis sich gerade aufhielt. Bis einer von den Elfen auf die Idee kam, Curtis könnte eventuell im Lager für besondere elektronische Wünsche stecken und die neuesten Smartphones studieren. Tatsächlich, da fanden sie ihn, wie er ganz verzückt inmitten von noch nicht eingepackten Geschenken saß und ein Smartphone nach dem anderen ausprobierte.
Als er hörte, um was es ging, brummte er nur etwas von „das habe ich ihm doch schon seit Jahren gesagt!“, aber er kam natürlich mit, denn wenn der Chef, Santa Claus, ihn rief, dann sollte er dem Ruf besser sofort Folge leisten.
Kaum sah Santa Claus seinen Technikelfen, überfiel er diesen mit einem Wortschwall. „Es ist Herbst, Weihnachten rückt unaufhaltsam näher, ich muss die Datei der Kinder und ihrer Taten checken – und mein Computer startet nicht! Du kennst Dich doch mit der Technik aus! Mach das wieder ganz!“
Curtis zog den Stromstecker aus der Steckdose, steckte ihn erneut ein, prüfte, ob alle Kabel richtig angeschlossen waren, drückte den Einschaltknopf und der Computer machte ein hässliches Geräusch, einige Lämpchen blinkten, dann noch einmal ein hässliches Geräusch es passierte – wieder nichts.
„Das ist die Festplatte. Crash. Da geht nichts mehr.“
Santa Claus sah ihn verständnislos an. „Und was heißt das?“
Curtis zuckte mit den Schultern. „Das heißt das, was ich Dir schon seit Jahren immer wieder sage – dieser Computer ist endgültig hinüber. Kaputt. Fertig.“
Santa Claus sah Curtis, von dem er ganz selbstverständlich erwartet hatte, dass der ihm den Computer wieder zum Laufen bringt, verständnislos an. „Was soll das heißen, Crash, kaputt, fertig?“
„Das heißt“, antwortete Curtis wahrheitsgemäß, weil man ja bekanntlich am Nordpol als Vorhof des Himmels nicht lügen darf, „das heißt, diesen Computer und diese Festplatte bringt niemand und nichts im Himmel wie auf Erden mehr zum Laufen. Der ist endgültig hinüber!“
„Und die Aufzeichnungen über die guten und bösen Taten der Kinder?“, fragte Santa Claus mit einem leichten Anflug von Panik in seiner Stimme.
Curtis ließ sich einige Sekunden Zeit. „Wie ich schon sagte, nur noch einmal für Santa Claus. Die Daten sind futsch. Da ist nichts mehr zu machen. Ich habe Dir ja immer geraten, mach dir ein vernünftiges Datensicherungskonzept. Die Aufzeichnung der Daten lief immer im Hintergrund. Das hat alles funktioniert. Theoretisch hättest Du jetzt alle guten und bösen Taten aller Kinder in elektronischer Form. Wenn, ja wenn Du eine Datensicherung gemacht hättest. Und du warst ja immer dagegen, dass noch einer von uns eine Kopie dieser Datei hat, das sei ausschließlich deine Aufgabe, sagtest du.“
Santa Claus verlor immer mehr die Fassung. „Und was wird jetzt aus Weihnachten? Da muss es gerecht zugehen. Wenn ich nicht weiß, welche Kinder anständig waren und welche weniger anständig – dann kann ich auch nicht die richtigen Geschenke verteilen.“
Langsam tat Santa Claus auch dem Technikelfen Curtis leid. Bernard mischte sich ein. „Das ist ja furchtbar. Weihnachten muss sein – und ich weiß auch eine Lösung, wo wir wegen der richtig guten und der nicht ganz so guten Taten der Kinder nachfragen könnten.“
Santa Claus sah einen Hoffnungsschimmer. „Sag schon, wo könnten wir diese wichtigen Informationen herbekommen? Habt Ihr vielleicht heimlich eine Sicherungskopie angelegt?“
„Nein, das hätten wir uns nie getraut“, sagte Curtis kleinlaut. „Also, so wie es jetzt aussieht, fällt Weihnachten, wie wir es kennen und lieben, dieses Jahr aus, wenn uns nicht noch was ganz tolles einfällt.“
„Alle Elfen nachdenken“ befahl Santa Claus. Und alle Elfen dachten nach. Bis die Köpfe rauchten. „Wir könnten ja die Kinder fragen, welche brav waren und welche weniger. Die sind sicher so ehrlich und sagen uns das bestimmt!“ schlug einer der Elfen vor. „Oder alle bekommen dieselben Geschenke, dann können wir nicht ungerecht sein.“ Santa Claus sah das realistischer. „Erstens vergessen die Kinder die weniger guten Taten sofort wieder, wenn wir sie nicht ab und zu daran erinnern. Und zweitens ist es, wenn alle Geschenke gleich sind, auch wieder nicht gerecht. Außerdem hätten wir gar nicht so viele identische Geschenke.“
Bernard räusperte sich. „Also, wenn ich das richtig weiß, gibt es bei Petrus ja die ganz große Big Data Datei, das Buch des Lebens. Dort wird über jeden Menschen alles Gute und Schlechte aufgezeichnet. Von Anbeginn der Zeiten bis heute. Schließlich will der oberste Chef beim Jüngsten Gericht auf gesicherten Fakten aufbauen können. Natürlich ist diese Datei streng gehütet und eigentlich für alle anderen Zwecke tabu – aber immerhin befinden wir uns in einer Notlage, und Weihachten ist das Fest zu Ehren des Sohns vom Chef …“
Jetzt schaltete sich auch Knecht Ruprecht ein. „Dazu musst Du nur zu Petrus gehen und Einsicht in das Buch des Lebens verlangen. Oder gleich zum Chef, der könnte das auch anordnen. Oder du gehst vor den Rat der Erzengel, oder Du …“
Ärgerlich unterbrach ihn Santa Claus: „Ausgerechnet zu Petrus, diesem Schnösel, der sich immer für was Besonderes hält, weil er die Himmelstür bewacht und außerdem noch das Wetter macht – und gerade an Weihnachten, wenn ich mit dem Schlitten unterwegs bin, hat er mir schon oft genug statt schönem Schneefall übles Regenwetter gemacht. Absolute Klimakatastrophe eben. Dann muss ich immer besonders aufpassen, dass ich nicht vom Dach rutsche, und die Kamine sind dann auch viel schmutziger als nötig. Und zu diesem Angeber soll ich jetzt gehen und zugeben, dass ich meine Daten verloren habe? Gibt es keine andere Lösung?“
Curtis schüttelte den Kopf. „Für dieses Jahr nicht. Und wenn Du das für die nächsten Jahre vermeiden willst, dann musst Du mir freie Hand geben, dass ich hier am Nordpol endlich mal mit moderner Technik arbeiten kann.“ Ihm schwebten schon lange moderne Smartphones und Tablets vor – jetzt sah er endlich eine Chance, diese auch zu bekommen.
Santa Claus brummte vor sich hin. „Meinetwegen – dann muss ich eben zu Petrus gehen. Und das mit der neuen Technik sehe ich ja ein. Bereite bitte alles vor, in wenigen Wochen ist Weihnachten, da sollten wir schon so weit sein, dass für die Vorbereitung der nächsten Kampagne nichts mehr schiefgeht.“
Hocherfreut zog Curtis ab. Bernard war sich nicht sicher, ob Curtis vielleicht am Computer oder an der Festplatte von Santa Claus etwas manipuliert haben könnte – ähnlich sehen würde es dem technikverliebten Elfen schon. Andererseits traute er ihm so viel Berechnung auch wieder nicht zu.
Und so machen sich Santa Claus und Bernard auf zu Petrus. Natürlich sah der die beiden in ihrem Rentierschlitten schon von weitem und wartete neugierig an der Himmelspforte auf das Eintreffen des Schlittens und den Zweck des seltenen Besuchs.
„Ja hallo Santa Claus, welch seltener Glanz an meiner bescheidenen Himmelspforte. Was führt Euch zu mir?“
Santa Claus war sichtlich verärgert über diese offenbar aufgesetzte Höflichkeit, aber er musste die Daten haben, und dazu musste er gute Miene zum offenbar neckischen Spiel machen. „Ich freue mich auch, Dich zu sehen, alter Torwächter. In der Tat führt mich eine eher etwas delikate Angelegenheit zu Dir. Können wir das vielleicht drinnen besprechen?“
„Klar doch“, antwortete Petrus gönnerhaft. „Curtis hat schon eine E-Mail geschickt und Euer Kommen angekündigt, da habe ich schon mal den himmlischen Konferenzraum und einen Himmelspfortentee vorbereiten lassen. Kommt rein!“
Santa Claus ärgerte sich zwar über die Eigenmächtigkeit von Curtis, aber andererseits war er froh, dass dadurch die Begrüßung abgekürzt wurde. Außerdem hätte er zu gerne gewusst, ob Curtis etwa auch schon etwas über den Anlass des Besuchs mitgeteilt hatte.
Im Konferenzraum angekommen, kam Petrus gleich zur Sache. „Es ist nicht mehr lange bis Weihnachten, und normalerweise hast Du in diesen Tagen viel zu tun. Es muss also was Ernstes sein, wenn Du in dieser Zeit zu mir kommst.“
„In der Tat, in der Tat“, antwortete Santa Claus. „Um es kurz zu machen, durch einen ärgerlichen Defekt am Computer muss Weihnachten dieses Jahr ausfallen, wenn Du mir nicht hilfst.“ Und er erklärte in wenigen Worten, was passiert war und welche Idee Bernard gehabt hatte.
Petrus strich sich den Bart. „Dass es so ernst ist, hätte ich nicht gedacht. Wenn Du keine Sicherheitskopie hast, bist Du alleine aufgeschmissen. Deine IT musst Du doch im Griff haben! Zumal bei einem so fähigen Administrator wie Curtis! Hilft aber alles nichts. Dennoch – das mit dem Buch des Lebens könnte in der Tat eine Lösung sein. Allerdings musst Du wissen, dass ich da nicht alleine darüber bestimmen darf. Ich müsste dazu den Hohen Rat der Erzengel befragen. Da dieser angesichts der andauernden Krisen auf der Erde sowieso ständig tagt, sollte das kurzfristig möglich sein. Schließlich geht es um das Fest unseres Juniorchefs, da wollen wir mal lieber nichts riskieren.“
Santa Claus war erleichtert und wollte schon aufatmen, als mit einem Mal die Tür des Konferenzraums aufflog und ein seltsamer Mensch mit einem Klemmbrett (oder war das eines dieser neuen faltbaren Notebooks?) in der Hand hereingestürmt kam. Bevor Petrus oder Santa Claus noch etwas sagen konnten, begann der sofort wie ein Wasserfall und sehr lautstark zu reden. „Was muss ich da hören? Ihr wollt sensible Daten aus dem Buch des Lebens zum Nordpol überspielen, also in ein unsicheres Drittland, noch dazu auf eine Computeranlage, bei der ganz offenkundig selbst elementarste Sicherheitsvorkehrungen verletzt wurden? Gott sei Dank habe ich hier als himmlischer Datenschutzbeauftragter auch noch ein Wörtchen mitzureden. Das wäre ja noch schöner, wenn hier jeder einfach so wild drauf los Daten irgendwohin übermitteln würde. Und sich dabei womöglich noch auf so veraltete Rechtsgrundlagen wie Privacy Shield, das ja nun endlich gestoppt wurde, berufen will? Wohl noch nie was vom Grundrecht auf Datenschutz nach Artikel 8 der europäischen Grundrechtecharta, also die gute alte informationelle Selbstbestimmung, und der Datenschutzgrundverordnung gehört?“ Und so ging es ohne Punkt und Komma weiter.
Santa Claus sah Petrus entgeistert an. Dieser hatte schon mit den Augen gerollt, als der seltsame Mensch hereingestürmt kam. „Was ist das denn?“ flüsterte Santa Claus. Petrus flüsterte zurück. „Das ist seit neuestem unser himmlischer Datenschutzbeauftragter. Ein richtiger Plagegeist. Als der hier ankam, wollte ich ihn in die Hölle abschieben. Aber da wollte sich der Oberteufel nicht reinreden lassen, er meinte nur, Datenschutz in der Hölle wäre das Letzte, denn die armen Seelen hätten es nicht besser verdient.
Der Oberpromi unter ihnen, ein gewisser Mirko Zuckertopf, hatte sogar die meisten seiner Sünden durch die Missachtung aller Datenschutzregeln begangen, dem könne man mit sowas nicht ohne Folgen kommen. Der würde gleich alle höllischen Heerscharen von Bloggern und Influencern losschicken! Und wenn sich erst dieser Elon Murks einmischt, der versucht hat, sich kurz vor dem gezwisterten und gemurksten Weltuntergang ins All abzusetzen! Wenn der seine Zwister-Gefolgschaft mit Fackeln und Mistgabeln mobilisiert, gibt das ein unsagbares Chaos! Die Folgen für den höllischen Zank und den himmlischen Frieden wären unabsehbar, also, was ich mir da nur denken würde!“
„Und so hat der Chef entschieden, dass es kein Fehler sein könnte, wenn wir hier im Himmel den Datenschutz auch etwas ernster nehmen würden. Aber damit hat der Ärger erst angefangen. Der Typ da mit seinem Klapprechner hat dauernd was zu meckern. Dem gefällt die Beichte nicht, sie wäre ohne Datenschutzfolgenabschätzung einfach so eingeführt worden, was ein glatter Verstoß mit Geldbußen bis zu 4% des intergalaktischen Gesamtumsatzes des Himmels aus dem Vorjahr wäre, ohne zu sagen, wo die heilige Kirche diese Summe hernehmen sollte! Und weiter poltert der hier dauernd rum: Nicht auszudenken, wo doch jeder wisse, dass da bei der Beichte höchst sensible Daten der höchsten Schutzstufe 5 einfach mal so unter vier Augen und Ohren weitergegeben würden, mutmaßlich nicht freiwillig, wegen der möglicherweise folgenden Absolution (er murmelt da immer was von Koppelungsverbot bei einer möglichen Einwilligung)!
Und dann wollte er neulich auch noch wissen, wo eigentlich die Gebete der Gläubigen aufgezeichnet werden, die schließlich höchst sensible Daten darstellten, murmelte was von Persönlichkeitsprofilen, und will die Aufzeichnungen einsehen, um prüfen zu können, ob dabei möglicherweise automatisierte Entscheidungen im Einzelfall einschließlich Profiling getroffen würden, die den Betenden gegenüber rechtliche Wirkung entfalten, schließlich könnte das beim jüngsten Gericht ja gegen sie verwendet werden, oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigen!
Und, stell Dir vor, der will wissen, ob irgendwelche technischen und organisatorischen Maßnahmen, er nennt das TOMs, eingehalten würden – deshalb heißt der hier bei uns nur TOM. Der Typ ist der absolute Albtraum! Sei froh, dass du keinen Datenschutzbeauftragten hast. Sag das aber nur nicht laut, sonst wirst Du ihn mal kennenlernen und er will Dir auch einen Vertrag als externer Datenschutzbeauftragter aufdrücken!“
„Ihr braucht hier nicht miteinander zu flüstern, es reicht mir, wenn Ihr mir die Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Daten nennen könnt, schließlich ist das Buch des Lebens die absolute Big-Data-Anwendung! Aber das könnt ihr nicht. Dass sonst Weihnachten ausfällt, mag Euch zwar wie ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen vorkommen, aber derzeit habe ich meine beträchtlichen Zweifel, dass Ihr dabei die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen angemessen beachtet, zumal wir es hier mit Kindern, ja, mit Kindern! zu tun haben! Wenn wir keine rechtliche Verpflichtung für die Datenverarbeitung haben, die die Verarbeitung erlauben würde, bliebe nur die Einwilligung, und ohne die Zustimmung der Betroffenen geht hier demzufolge gar nichts. Und ich glaube nicht, dass ihr die Zustimmung aller Kinder beziehungsweise deren Erziehungsberechtigten habt. Die von den braven Kindern würdet ihr ja vielleicht noch bekommen, aber die von den bösen bestimmt nicht, erst recht nicht freiwillig! Und ohne Rechtsgrundlage läuft hier gar nichts, haben wir uns da verstanden? Nach den anderen Grundsätzen der Datenverarbeitung brauche ich dann ja gar nicht erst weiterzufragen!“
Petrus zuckte mir den Schultern. „Die Sache muss eh vor den Hohen Rat der Erzengel, das ist unsere Legislative, und wenn die das mit einem himmlischen Gesetz begründen, dann muss sich selbst der himmlische Datenschutzbeauftragte dem beugen, ist es nicht so?“
Offenbar hatte er den wunden Punkt von TOM getroffen. „Das wollen wir doch mal sehen“, sagte der nur noch. Offenbar wusste er genau, dass Datenschutz risikoorientiert abzulaufen hat und dass letzten Endes nicht der Datenschutzbeauftragte entscheidet, sondern der Verantwortliche in Kenntnis der Risiken und Nebenwirkungen. Auf alle Fälle war vor allem Petrus erstaunt, wie kleinlaut der höllisch-himmlische Datenschutzbeauftragte plötzlich wurde. Volltreffer!
Und so kam es, dass Santa Claus zwar nicht nur gegenüber Petrus zugeben musste, dass die Daten für Weihnachten weg waren, weil er die Hinweise seines Administrator-Elfen nicht ernst genommen hatte. Zu allem Überfluss musste er dem Hohen Rat der Erzengel seine missliche Lage in allen Details offenlegen. Aber der Datenschutzbeauftragte war nicht mehr Herr des Verfahrens!
Aber der Hohe Rat der Erzengel war erstaunlich kooperativ. „Weihnachten kann natürlich nicht ausfallen“, entschied schließlich der Erzengel Michael als Vorsitzender des Gremiums. „Und was die Rechtsgrundlage betrifft – schlussendlich lässt sich die Notwendigkeit der Datenübermittlung auf die Zehn Gebote zurückführen, denn die bösen Kinder sollen schließlich lernen, diese Gebote einzuhalten. Und das sollte auch unserem hochgeschätzten Datenschützer ausreichen.“ Anderswo würde das heißen, es handle sich um berechtigte Interessen des Verantwortlichen. Bei gleichzeitiger Beachtung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen.
TOM maulte zwar noch eine Weile etwas von “Rechtsbeugung“ und „Datenschutzgrundverordnung und Bundesdatenschutzgesetz sehen das nicht vor“ und so, aber dem Ratschluss des Hohen Rates der Erzengel konnte auch er sich nicht entziehen. „Allerdings behalte ich mir vor, den gesamten Vorgang der Datenübermittlung und dem weiteren Umgang mit den hochsensiblen Daten am Nordpol, also im unsicheren Drittland persönlich zu begleiten. Und wenn ich dabei feststellen sollte, dass Datentransfer in die USA erfolgt, dann sehen wir das Urteil des EuGH in ganz neuem Licht!“
Das letzte Gegrummel nahm wohl niemand mehr richtig ernst. Über diesen Vorschlag schienen dann auch sowohl der Hohe Rat der Erzengel als auch Petrus nicht besonders traurig zu sein, bedeutete dies doch, dass sie für eine Weile vor dem Störenfried Ruhe hatten. Und Santa Claus geschah es ganz Recht, dass er sich eine Zeitlang mit diesem Unruhestifter herumärgern durfte.
Uns so kehrten Santa Claus und Bernard mit TOM im Schlepptau zum Nordpol zurück. Curtis, der offenbar mit dem Himmel via Xing oder LinkedIn bestens vernetzt war, und auch das Ergebnis des himmlischen Kompromisses schon bei Twitter gepostet hatte, kannte das Ergebnis der Besprechungen also schon und kam freudestrahlend auf die drei zu. „Die Datei ist schon übermittelt worden, ich habe sie auch schon entschlüsselt und die Elfen sind schon alle an die Arbeit gegangen. Außerdem ist dein iPhone 24 und auch dein iPad 22 schon eingetroffen, Santa Claus. Ich habe schon die Adressen aller Kinder und deine Flugroute am Weihnachtsabend in dein neues Navi auf dem iPhone eingegeben, und im iPad findest du eine Kopie der von Petrus übermittelten Datei. Wir haben extra eine supergroße Speichererweiterung beim Apfel-Lieferant bestellt!“
Aber offenbar hatte er nicht mit TOM gerechnet. Dessen Stimme schnappte fast über. „Waaaas habt ihr??? iPhones und iPads? Und vielleicht auch noch Android-Smartphones? Für diese sensiblen Daten mobile informationstechnische Systeme? In einem unsicheren Drittland? Gibt es da eine Gesellschaft außerhalb den USA? Wo läuft die Datenverarbeitung? Und wo ist der Gerichtsstand? Und offenbar auch noch Navigations-Apps mit Routenplanung? Seid ihr noch zu retten? Diese Daten werden doch alle an die Programmierer der Apps übertragen, das weiß doch heute jedes Kind!“ Und so ging es noch eine ganze Weile weiter.
TOM fühlte sich, als habe ihn wieder der Schlag getroffen, so wie vor ein paar Wochen, als er noch auf der Erde war. Damals hatte er seinen Faithbook-Account (er glaubte, es hieße das so, weil zu viele Menschen zu viel Vertrauen in diese Einrichtung hatten) gekündigt und bei Faithbook gemäß Art. 15 DSGVO eine Auskunft über seine Daten angefordert. Als er dann von Faithbook drei DVDs randvoll mit Daten über sein gesamtes Leben erhielt, selbst über Dinge, die er selbst gar nicht von sich wusste, hatte ihn der Schlag getroffen, und seither mischte er bei Petrus den Himmel mit Datenschutz auf. Und an dieses Erlebnis damals fühlte er sich jetzt wieder erinnert.
Sofort legt TOM sein Veto ein. „Unmöglich. Santa Claus, du kannst unmöglich deine IT mittels Smartphones und Tablets betreiben, diese Geräte sind viel zu unsicher. Das weiß doch heute jeder, dass da Daten wild hin und her übertragen werden, keiner weiß genau welche, wohin, an wen. Auf alle Fälle sind da immer unsichere Drittländer dabei. Und dann habt ihr hier sensible Daten in Form von Beurteilungsdaten mit erheblichen Folgen für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Ansehen der Betroffenen. Und darauf können immer dann, wenn US-amerikanische Dienstleister beteiligt sind, auch US-amerikanische Ermittlungsbehörden zugreifen. Nein. Nur über meine Leiche.“
Man konnte Santa Claus ansehen, dass vor allem die letzte Bemerkung bei ihm eine Idee auslöste, die er aber wohl nicht weiterverfolgen konnte. Sein Einwand: „Selbst beim Sohn vom Chef wollen einige Engel ein solches Gerät gesehen haben, da kann es doch hier nicht schaden“, konnte den himmlischen Datenschutzbeauftragten nicht umstimmen. „Ich weiß, dass ich noch viel zu tun habe“, sagte TOM nur.
Aber da kam er bei Curtis an den rechten. Der hatte nämlich mit so etwas schon gerechnet und hatte vorsorglich schon mal das Buch des Lebens gehackt, um ein paar mehr Informationen über TOM herauszubekommen, man wusste ja nie, wofür man das noch mal brauchen könnte. Curtis meinte nur: „An deiner Stelle würde ich den Mund nicht so voll nehmen, denn in Deiner Vergangenheit gibt es ein paar ganz schön dunkle Flecken, was Datenmissbrauch betrifft. Ich sage nur Faithbook und so. Da meckert gerade der Richtige!“
TOM begriff sofort, dass Curtis seine Datei im Buch des Lebens unberechtigt geöffnet hatte, und schickte sich an, mit erhobenen Fäusten auf Curtis loszugehen, als …
Santa Claus erwachte. Alles war nur ein Albtraum gewesen! Keine Daten verloren, kein Bittgang zu Petrus, kein himmlischer Datenschutzbeauftragter … und noch genügend Zeit bis Weihnachten, um alle Vorbereitungen zu treffen.
Was man alles so träumt … Aber vielleicht hatte der Albtraum seine Ursache darin, dass Curtis ihn überredet hatte, die IT am Nordpol im Wesentlichen auf iPhones 24 und iPads 22 umzustellen. Damit künftig effizienter gearbeitet werden könne. Außerdem solle es mindestens für ihn, Curtis, ein superinteressantes MacBook geben, und außerdem …
Es war Zeit, dem Albtraum ein Ende zu setzen. Santa Claus musste herausfinden, ob es denn auf Erden keine Datenschützer gibt, die noch richtig lebendig sind und dennoch himmlisch guten Datenschutz anbieten. Er suchte. Und er wurde fündig!
Als Nächstes rief Santa Claus Bernard und Curtis zu sich und machte die Bestellung der iPhones und iPads für den Nordpol rückgängig. Curtis war alles andere als begeistert und maulte herum. „Nur weil du einen Albtraum hast, wird hier der Fortschritt verhindert. Von deinem Computer habe ich doch schon eh und je eine Sicherheitskopie angefertigt.“ Davon wusste zwar Santa Claus nichts, aber jetzt war vielleicht der richtige Zeitpunkt zum Beichten. In der Tat nahm Santa Claus die Neuigkeit ohne weiteren Kommentar zur Kenntnis, zu deutlich stand ihm sein Traum mit den Folgen des Festplattencrashs vor Augen.
„Trotzdem bleibt es bei meiner Entscheidung“, verkündete Santa Claus. „Keine iPhones und keine iPads. Erst recht keine Android- oder sonstwas-Geräte. Was seit ein paar tausend Jahren gut funktioniert, geht auch noch ein paar Jahre weiter.
Allerdings kann ich euch eines versprechen: Wenn wir einmal umstellen, dann nur auf iPhones und iPads. Bekanntermaßen sollen das eben doch noch die sichersten Geräte sein. Auch wenn der komische Datenschutzbeauftragte dann wieder meckert, so von wegen die Engel und vor allem du, Curtis, könntet euch dann ohne jede Kontrolle oder Mobile Device Management alle möglichen Apps runterladen und damit Daten in alle Welt transferieren. Das wird anders laufen!
Wer so ein Gerät nutzen will, der muss mir eine nach dem neuen TTDSG mögliche Einwilligung unterschreiben, dass wir im Ernstfall auch möglicherweise Privates kontrollieren dürfen, wenn es gewisse Verdachtsmomente gibt. Ja Curtis, ich habe mich mittlerweile schlau gemacht. Da gibt es ein Team Datenschutz, und die haben mir so manchen Tipp gegeben, wie wir fmit unserem Datenschutz ein effizientes Risikomanagement aufbauen können. Das muss dann auch der himmlische Datenschutzbeauftragte hinnehmen, da gibt es nämlich nichts dran zu rütteln.“
Curtis versuchte zwar gleich, ihn zu unterbrechen nach dem Motto „Das brauchen wir bei iPhones und iPads ja gar nicht“ oder so ähnlich.
Santa Claus stellte aber sofort klar: „Und das ist mein letztes Wort. Schließlich bin ich in dieser Sache Verantwortlicher. Ich entscheide. Basta!“
Wie sich herausstellte, waren die bestellten Geräte schon geliefert und eine Rücksendung wegen der Überlastung der irdischen Paketdienste unmöglich (die mussten vom Nordpol-Ableger Amazon aus allein in Deutschland bis zu 73 Millionen Sendungen täglich zustellen). Also ordnete Santa Claus an, diese Geräte zu Weihnachten an die braven Kinder zu verteilen. Damit wäre auch geklärt, warum dieses Jahr wieder mal so viele iPhones, Smartphones, iPads und Tablets unter dem Weihnachtsbaum liegen.
Glücklicherweise haben die Oberelfen in der Zwischenzeit die Geschenke für die Kinder auf der Erde eingepackt. Dazu brauchen sie tatsächlich keine Computerliste. Da sowieso in allen Kindern so viel Gutes steckt, erhalten sie alle zumindest eine Kleinigkeit. Das wäre ja noch schöner, wenn an Weihnachten, dem Fest der Liebe, da unterschieden würde.
Und so vergehen die Wochen voller Stress und mit viel Arbeit, und die Geschichte wäre eigentlich an dieser Stelle zu Ende. Eines Tages aber melden die Elfen einen Besucher, der sich nicht abwimmeln lassen will. Santa Claus bittet ihn herein.
„Petrus schickt mich. Ich bin der himmlische Datenschutzbeauftragte. Tom Hacker vom Prof. Datenschutz. Ich soll hier mal eine Überprüfung des Datenschutzes nach Artikel 39 Abs. 1 lit b DSGVO machen und ein Datenschutzaudit vornehmen. Petrus meinte, hier seien jede Menge sensibler Daten in Verwendung. Das sehe ich auch so.“
Dieser Seitenhieb sah Petrus mal wieder ähnlich. Aus seinem Traum wusste Santa Claus nur zu gut, was ihm jetzt drohte, wenn er nicht äußerst wachsam war. So hatte er es vom Team Datenschutz erklärt bekommen. „Datenschutz ist ja eine sehr wichtige Sache, und wir nehmen ihn sehr ernst“, sagte er daher gleich. „Aber leider befinden wir uns in einer betrieblichen Ausnahmesituation. In drei Wochen ist Weihnachten, da kann ich keine Minute auch nur eines meiner Elfenhelferlein entbehren. Daher schlage ich vor, dass du im neuen Jahr wiederkommst und wir uns dann in aller Ruhe unser Datenschutzkonzept ansehen. Beim besten Willen, es geht nicht eher, und ich kann mir vorstellen, dass Petrus und der Himmlische Vater nicht sehr erfreut wären, wenn wir wegen einer zwar wichtigen, aber aufschiebbaren Datenschutzprüfung ins Hintertreffen geraten würden. Um dich zu beruhigen, möchte ich nur sagen, dass wir gerade aus Datenschutzgründen die Einführung von Smartphones und iPads gestoppt haben. Zumindest vorläufig.“
Das erfreute Tom zwar, aber andererseits ging es ums Prinzip. Und außerdem, wo er schon mal da war … Er setzte zum Widerspruch an, aber Santa Claus kam ihm zuvor. „Versuchs doch mal in der Hölle. Dort gibt es in Sachen Datenschutz noch jede Menge zu tun, die haben dort noch gar nicht damit angefangen. Und die haben jede Menge Hacker und Datenhändler dort.“
Diese Idee fand Tom sehr gut. Er witterte ein neues Betätigungsfeld, kündigte seine Rückkehr im Januar an und machte sich davon.
Seither ist Tom verschollen. Möglich, dass ihn der Oberteufel einfach dabehalten hat. Möglich ist aber auch, dass der Oberteufel, um den lästigen Datenschützer loszuwerden, diesen zur Erde zurückgeschickt hat, versehen mit vielen Tipps, wo überall Datenmissbrauch getrieben wird. Schließlich kennt sich der Teufel damit aus, bekanntermaßen steckt er ja im Detail.
Vielleicht kommt daher der unheilige Wunsch mancher, die den Datenschutzbeauftragten heimlich zum Teufel wünschen. Was aber letzten Endes nichts nützen wird, denn wie die Geschichte gezeigt hat, kommen die Datenschutzbeauftragten am Schluss doch in den Himmel. Wenn das auch, wie unsere Geschichte ebenfalls gezeigt hat, noch eine ganze Weile dauern darf. Und so lange ist die Position des himmlischen Datenschutzbeauftragten wohl einfach vakant. Der Himmel wird’s unbeschadet überstehen.
Und so kann es auch dieses Jahr trotz aller Turbulenzen auf Erden wieder Weihnachten werden. Fröhliche Weihnachten!
Autor: Eberhard Häcker
Die Geschichte stammt aus dem Jahr 2011 und wurde für heute leicht an aktuelle Entwicklungen angepasst.
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