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Datenlöschen, was kann man da falsch machen? Ist doch einfach!
Ganz sicher? In der Praxis birgt das Datenlöschen Stolpersteine, die man kennen sollte. Sonst hält man Daten für gelöscht, die es gar nicht sind. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Löschen und zehn praktische Tipps.
Nehmen wir einen
USB-Stick als Beispiel. Wie würden Sie da eine Datei löschen?
Anklicken, „Entfernen“ drücken, bestätigen?
Die Datei ist weg und alles ist erledigt, oder? Schön wärs.
In Wahrheit ist Windows nicht ganz so fix.
Durch Markieren und Entfernen wird die Datei zwar
aus dem Verzeichnis des Sticks entfernt, sprich: Sie wird
nicht mehr angezeigt. Aber die Daten sind weiterhin da. Was sich geändert hat: Der Speicherort der Datei wurde
zum Überschreiben freigegeben. Wann sie tatsächlich überschrieben wird, ist der Schreiblogik von Windows überlassen. Dass
Daten oft nur scheinbar gelöscht werden, ist eine der vielen Herausforderungen, die das Löschen mit sich bringt.
Was muss man überhaupt löschen — und wann? Aus der Sicht des
Datenschutzes
sind
personenbezogene Daten zu löschen, wenn sie nicht länger erforderlich sind für das, wofür sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden. Was heißt
erforderlich?
Erforderlich sind Daten jedenfalls, solange der Geschäftsprozess läuft, in dem sie verarbeitet werden. Werden sie
dort nicht mehr und auch für keine anderen Zwecke gebraucht, müssten sie eigentlich gelöscht werden.
Und warum
eigentlich? Da es
eine Einschränkung gibt:
Läuft eine gesetzliche Aufbewahrungsfrist, dürfen Daten natürlich nicht gelöscht werden. Hier ist allerdings weniger der Datenschutz gefragt als vielmehr
der jeweilige Prozessverantwortliche.
Seine Aufgabe ist es, im Blick zu behalten,
wann Daten für Geschäftsprozesse nicht mehr erforderlich und gesetzliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind.
"Daten, die nicht mehr da sein müssen, aber noch da sind, können gegen Sie verwendet werden."
Daten physikalisch zu löschen, ist kaum möglich. Wie das Beispiel mit dem USB-Stick zeigt, werden
Daten auf elektronischen Datenträgern nicht sofort überschrieben, sondern
nur der Verweis darauf entfernt. Sollen Daten
wirklich als gelöscht gelten, müssen sie
dauerhaft unkenntlich gemacht werden.
Bei
Papier
ist das einfach. Das
zerkleinern Sie einfach so lange, bis auch dem geduldigsten Puzzlespieler
kein Zusammensetzen mehr gelingt. Das richtige Werkzeug ist hier ein
Partikelschredder. Und nein,
ein Streifenschredder reicht nicht aus, Stichwort Zusammenpuzzlen.
Und bei elektronischen Daten? Hier braucht es magnetisches Löschen, das Zerstören der Datenträger oder eine andere Form des Löschens, die gewährleistet, dass die Daten nicht wieder lesbar gemacht werden können.
Würden Informationen gebündelt an einem Ort aufbewahrt, wäre das Datenlöschen verhältnismäßig einfach. Die Wirklichkeit allerdings sieht anders aus: In den meisten Unternehmen lagern Daten an mehreren Stellen und auf mehreren Geräten.
Möchten Sie sie löschen, reicht es nicht, sie von den meisten Datenträgern zu werfen. Sie müssen sie überall löschen – und sie dürfen später nicht wie von Zauberhand wieder auftauchen.
Für erfolgreiches Löschen braucht es also mehr, als in den offiziellen Archiven die Löschung oder Vernichtung anzustoßen, seien es nun Papierarchive oder elektronische Archive. Sie müssen sicherstellen, dass auch alle Kopien gelöscht werden — und die können zahlreich sein.
Und wie geht das? Indem Sie alle Beschäftigten mit entsprechenden E-Mails, Notizen, Ausdrucken und Ähnlichem informieren, dass die Daten jetzt zu löschen sind. Und: Lassen Sie sich das Löschen bestätigen. Sie müssen nachweisen können, dass die Löschung erfolgt ist.
Und was ist mit
Ausdrucken und anderen Kopien von Beschäftigten, die mittlerweile
gekündigt haben? Sofern es eine
Nachfolge
gibt, übernimmt diese in der Regel die
Verantwortung für vorhandene Daten. Gibt es
keine Nachfolge, das beobachte ich bei Begehungen zum Datenschutz immer wieder, werden
Unterlagen und elektronische Daten möglicherweise
in Schränken, Archiven oder auf Laufwerken aufbewahrt,
für die sich niemand zuständig fühlt. Nutzen Sie darum
Begehungen der Büroräume, um
verlassene Schreibtische und
nicht mehr genutzte Schränke auf Unterlagen und Datenträger hin zu untersuchen.
Die
Löschung dokumentieren Sie in einem
Löschprotokoll. Eine Frage, die in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht:
Wie lange müssen Löschprotokolle aufbewahrt werden? Denn, logisch: Auch Löschprotokolle muss man irgendwann löschen. Wann, ist
von Fall zu Fall unterschiedlich – Sie müssen es also
individuell festlegen.
Datenschutzbeauftragte
sollten in diese Entscheidung
unbedingt mit einbezogen werden. Natürlich sollten
Löschprotokolle auf jeden Fall so lange vorhanden sein, dass sie
gegenüber Aufsichtsbehörden oder Gerichten als Nachweis dienen können, wann welche Daten gelöscht wurden. Aber eben auch nicht länger.
Richtiges Löschen ist mit einer Vielzahl von Fragen verbunden.
Zufriedenstellende Antworten zu finden, ist eine der
Hauptaufgaben von Datenschutzbeauftragten und Compliance-Officern.
Was, wenn personenbezogene Daten, deren Zeit zum Löschen gekommen ist,
nicht gelöscht wurden? Wenn der Prozess zum Löschen nicht einmal angestoßen ist? Dann handelt es sich um einen
Datenschutzverstoß, der mit den üblichen Maßnahmen der DSGVO geahndet werden kann. Also zunächst mit
Nachfragen der Aufsichtsbehörde, teilweise mit
Anordnungen, je nach Fall mit der Verhängung von
Geldbußen.
"Auch zu frühes Löschen birgt Risiken und sollte unbedingt vermieden werden. "
Was oft übersehen wird:
Daten, die nicht mehr da sein müssen, aber noch da sind, können gegen Sie verwendet werden. Wird etwa bei einer
Betriebsprüfung
ein altes Rechnungsbuch gefunden und dort stellen sich
Fehler bei der Umsatzsteuer heraus, wird der Betriebsprüfer eine entsprechende
Nachberechnung der Steuern vornehmen –
auch wenn die Daten längst hätten gelöscht sein dürfen.
Gleichzeitig gilt:
Auch zu frühes Löschen birgt Risiken und sollte unbedingt vermieden werden. Nicht zuletzt werden damit
Beweise unter Umständen vorschnell vernichtet. Überlegen Sie genau,
welche Daten wann zum Löschen vorgesehen werden. Gehen Sie strukturiert vor. Löschen an sich ist komplex genug.
Allen Vorgaben des Datenschutzes gerecht zu werden, macht die Sache nicht einfacher. Ein Grund mehr,
Löschprozesse so klar wie möglich zu strukturieren.
Hier kann das
Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten gute Dienste leisten. Artikel 30 der Datenschutz-Grundverordnung fordert,
im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten Hinweise zur Aufbewahrung personenbezogener Daten und damit zum Löschen aufzunehmen.
Das kann als Grundlage dienen, bei elektronischen Daten einen Zeitstempel zu setzen.
Papierunterlagen lassen sich in Aktenordnern so organisieren, dass das Jahr der geplanten Löschung auf dem Aktenrücken zu erkennen ist.
Wie? Das verrät der Praxistipp
Zurück in die Zukunft. Wenn Archivordner zukünftige Jahreszahlen tragen.
Vorsicht Stolperfalle: In Artikel 30 zum Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten heißt es:
„Dieses Verzeichnis enthält [...], wenn möglich, die vorgesehenen Fristen für die Löschung der verschiedenen Datenkategorien.“
Den Begriff „wenn möglich“ nicht falsch verstehen!
Solange es
etwa gesetzliche Aufbewahrungsfristen gibt, haben Unternehmen rechtzeitig zu löschen.
Im Klartext heißt das:
Datenschutzprozesse
sollten Sie
von vornherein so anlegen, dass das jeweilige
Ende des Geschäftsprozesses oder der Aufbewahrungsfrist eingebunden ist. Gerade am Anfang ist da einige Organisation gefragt. Sind die Beschäftigten erst einmal auf diese Vorgehensweise eingeschworen,
läuft es in der Regel reibungslos – probieren Sie es aus!
Organisation hin, Beschäftigte her. Es wird sich im Alltag kaum vermeiden lassen, dass
immer mal wieder Unterlagen auftauchen, die eigentlich gelöscht sein müssten. Wenn das passiert,
ziehen Sie sie sofort aus dem Verkehr. Ob eine
Schutzverletzung personenbezogener Daten und damit eine
Meldepflicht
vorliegt, ermitteln Sie individuell für den jeweiligen Fall.
Stellen Sie sicher, dass alle
Geschäftsprozesse mit personenbezogenen Daten im
Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten erfasst sind.
Vergewissern Sie sich, dass im Verarbeitungsverzeichnis die
geplanten Aufbewahrungs- und Löschfristen eingetragen sind. Den Begriff „wenn möglich“ nicht falsch auslegen!
Sorgen Sie dafür, dass für jeden Löschprozess eine verantwortliche Person benannt ist.
Gewährleisten Sie, dass das Löschen zum richtigen Zeitpunkt eingeleitet wird.
Vergewissern Sie sich, dass
Löschprozesse
zuverlässig
dokumentiert
werden.
Stellen Sie sicher, dass Sie bei Anfragen Betroffener schnell ermitteln können, ob deren Daten noch vorhanden sind oder regulär gelöscht wurden.
Falls noch nicht geschehen: Erstellen Sie eine Leitlinie zum Datenschutz, welche die Pflicht zum Löschen beinhaltet.
Erstellen Sie Richtlinien zum Datenschutz, die die einzelnen Löschvorgänge regeln.
Überprüfen Sie regelmäßig, ob die Löschregeln aktuell und vollständig sind und Löschvorgänge planmäßig durchgeführt werden.
Nehmen Sie die Maßnahmen zum Löschen in den Datenschutz-Jahresbericht auf.
Versäumtes Löschen ist keine Kleinigkeit und sollte vermieden werden. Durchdachte Löschprozesse lohnen sich: Sie umgehen Ärger mit Aufsichtsbehörden ebenso wie etwaige Nachzahlungen und Geldbußen.
Und die Kernfrage: Sind den Verantwortlichen die komplexen Löschvorgänge in den wichtigsten Schritten bekannt und vor allem: Finden sie tatsächlich statt?
Viel Erfolg bei der Challenge Datenlöschen!
Bei Datenschutz-Fragen Team Datenschutz fragen.
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