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„Einfach praktisch“ – dachten viele, als die ersten Transkripte automatisch nach dem Online-Meeting auftauchten. Doch was als smarte Funktion begann, kann schnell zum echten Datenschutzproblem werden.
Ob in Microsoft Teams, Google Meet, Zoom oder Webex: Transkriptionen machen Besprechungen effizienter, aber auch riskanter. Denn wer mitschreibt, verarbeitet personenbezogene Daten – und sollte die damit verbundenen Stolpersteine kennen.
Der aktuelle Datentipp zeigt an einem praktischen Beispiel, warum automatische Transkription in Videokonferenzen rechtlich heikel ist – und wie sich Unternehmen mit klaren Regeln, Einwilligungen und einer passenden Richtlinie schützen.
Ein harmloses Online-Meeting. Ein Projektgespräch. Eine Routinebesprechung. Und dann passiert es:
Am nächsten Morgen liegt ein perfekt formuliertes Transkript in der gemeinsamen Ablage. Zeitstempel, Sprecherzuordnung, Zusammenfassung – alles automatisch erzeugt.
„Wow, wie praktisch“, sagt die eine.
„Moment mal – wussten das eigentlich alle?“, fragt der andere.
„Ich dachte, das macht Teams jetzt automatisch …“, murmelt jemand.
Und plötzlich steht ein Unternehmen mitten in einem Datenschutzproblem.
Es ist nicht die Technik. Nicht das Transkript.
Sondern der fehlende Plan. Keine vorherige Einwilligung. Keine Information in der Einladung. Keine Klarheit, was mit dem Transkript passiert.
Und – wie so oft – keine böse Absicht. Nur ein Klick. Eine neue Funktion. Ein offener Kanal.
In vielen Videokonferenzsystemen (Microsoft Teams, Zoom, Webex oder Google Meet) lassen sich Gespräche transkribieren – also automatisch mitschreiben und in Text umwandeln. Häufig wird zusätzlich Ton und Bild aufgezeichnet. Das Ergebnis: ein vollständiges Protokoll, technisch sauber, juristisch fragwürdig.
Denn: In Deutschland ist jede Form der Aufzeichnung – ob Ton, Bild oder Text – nur dann zulässig, wenn alle Personen vorher eindeutig informiert wurden und freiwillig eingewilligt haben. Eine Einwilligung im Meeting selbst ist nicht freiwillig – sondern Gruppenzwang.
Und: Transkription ist ein eigenständiger Verarbeitungsvorgang, der ins Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten gehört. Wenn dabei besondere Risiken bestehen – etwa durch KI-Systeme, neue Tools oder sensible Daten – ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) notwendig.
In unserem Fall meldet sich ein Teilnehmer später beim Datenschutzbeauftragten. Er war nicht einverstanden, aufgenommen und transkribiert zu werden – habe aber im Meeting nichts gesagt, um den Ablauf nicht zu stören.
Seine Aussagen sind im Transkript dokumentiert, weitergegeben – und nun auch im System gespeichert.
Plötzlich stehen die Fragen im Raum:
Und vor allem:
Gespräche dürfen nur mit Einwilligung aller Beteiligten aufgezeichnet oder mitgeschrieben werden. Wer heimlich aufzeichnet, macht sich strafbar – auch bei automatischer Transkription.
Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn ein
klarer Zweck besteht und die betroffenen Personen
vorher zugestimmt haben. Fehlt das, liegt ein Datenschutzverstoß vor.
Wird im laufenden Meeting gefragt, ob alle mit der Transkription einverstanden sind, stimmen viele aus Gruppenzwang zu – das
gilt nicht als freiwillig und ist damit
rechtlich unsicher.
Ohne saubere Dokumentation (z. B. im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten) fehlt der
Nachweis, dass rechtskonform gearbeitet wurde – ein Problem bei internen Prüfungen oder externen Audits.
Wird das
Transkript automatisch gespeichert oder mit KI-Tools analysiert, entstehen zusätzliche Risiken – etwa durch unerwünschte Weiterverarbeitung oder unklare Speicherorte.
Jede regelmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten muss im
Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten stehen – auch Transkriptionen. Fehlt dieser Eintrag, ist das ein formaler Verstoß gegen die DSGVO.
Wenn bei der Transkription
besondere Risiken bestehen (z. B. durch KI, sensible Inhalte oder neue Tools), ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung Pflicht. Ohne sie drohen Bußgelder.
Die Einführung neuer Überwachungs- oder Dokumentationstechniken ist mitbestimmungspflichtig. Ohne Abstimmung mit dem Betriebsrat oder der Compliance kann es zu internen Konflikten kommen.
Werden Mitarbeitende oder Externe ohne ausreichende Information mitprotokolliert, leidet das Vertrauen – besonders bei wiederholten Verstößen oder unklarer Kommunikation.
Kommen
Auskunfts- oder Löschanfragen, müssen Unternehmen genau wissen, was gespeichert wurde und wie damit umzugehen ist. Fehlt der Überblick, entstehen
rechtliche Risiken, die vermeidbar sind.
"Eine Einwilligung im Meeting selbst ist nicht freiwillig – sondern Gruppenzwang."
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Die Technik allein löst das Problem nicht – im Gegenteil: Neue Funktionen können sogar zusätzliche Risiken schaffen. Was wirklich hilft, ist ein strukturierter Umgang mit dem Thema. Wer klare Abläufe etabliert, Beteiligte informiert und Verantwortung definiert, macht aus der Transkription ein sicheres und hilfreiches Werkzeug.
Mit diesen 10 Maßnahmen transkribieren Sie Videokonferenzen sicherer.
Teilnehmende müssen frühzeitig wissen, ob eine Mitschrift geplant ist – idealerweise schon in der Kalendereinladung oder Agenda. Nur dann können sie sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden.
Die Einwilligung sollte vor dem Termin, schriftlich und ohne Druck erfolgen. So ist sie rechtlich belastbar und kann im Zweifel auch belegt werden.
Wer sich unwohl fühlt, sollte
datensparsame Optionen
nutzen können – z. B. Teilnahme ohne Kamera oder mit einem Pseudonym. Das stärkt die Freiwilligkeit und schützt Persönlichkeitsrechte.
Jede wiederkehrende Verarbeitung personenbezogener Daten – auch Transkription – muss
im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten
erfassen werden.
Das schafft Transparenz und schützt vor Beanstandungen.
Kommen sensible Inhalte, KI-gestützte Tools oder externe Anbieter ins Spiel, sollte eine Datenschutz-Folgenabschätzung geprüft oder durchgeführt werden. Das zeigt, dass Risiken erkannt und aktiv gemanagt werden.
Transkripte dürfen nicht „einfach so“ gespeichert bleiben. Es braucht ein Löschkonzept mit klaren Fristen und technischen Vorkehrungen – sonst entstehen unnötige Altlasten.
Wer darf aktivieren, speichern, löschen? Ohne klare Zuständigkeiten passieren Fehler. Wer darf Transkriptionen starten? Wer verwaltet sie? Wer sorgt für die Löschung? Diese Fragen sollten eindeutig geregelt sein.
Wer Besprechungen moderiert oder Tools administriert, muss wissen, wie Transkription funktioniert – technisch und rechtlich. Eine kurze Schulung schafft Sicherheit.
Nicht jede Information darf frei geteilt werden. Es braucht klare Vorgaben, ob und wie Transkripte an andere Personen oder Abteilungen weitergegeben werden dürfen.
Eine interne Richtlinie bündelt alle Regeln – von der Einwilligung über die Nutzung bis zur Löschung. Sie schafft Verbindlichkeit und hilft, den Überblick zu behalten.
Digitale Besprechungen mit Transkription laufen oft strukturierter und effizienter – das ist ein echter Vorteil. Aber dieser Vorteil lässt sich nur nutzen, wenn Einwilligung, Löschung und Dokumentation geregelt sind.
Wer Transparenz schafft, Alternativen anbietet und Einwilligungen strukturiert einholt, vermeidet Konflikte – und gewinnt Sicherheit für alle Beteiligten.
✓ Wissen alle, dass mitgeschrieben wird?
✓ Liegt eine
Einwilligung vor – nachweisbar, vorab und freiwillig?
✓ Ist der Transkriptionsprozess
dokumentiert und rechtlich geprüft?
✓ Haben wir eine
Datenschutz-Folgenabschätzung durchgeführt – oder übersehen?
✓ Ist geregelt, was mit den Daten passiert – und wann sie gelöscht werden?
Transkriptionen können ein echter Gewinn für die Zusammenarbeit sein – sie erleichtern die Nachbereitung, schaffen Klarheit und helfen, Inhalte besser zugänglich zu machen. Aber: Nur mit klaren Regeln sind sie auch rechtlich sicher.
Technik allein reicht nicht. Wer Transkription sinnvoll nutzen will, braucht ein durchdachtes Konzept: Einwilligung, Löschung, Dokumentation und Zuständigkeiten müssen geklärt sein – am besten verbindlich geregelt in einer unternehmensweiten Richtlinie.
Denn:
Wer dagegen Transparenz schafft, Alternativen anbietet und mit Augenmaß vorgeht, nutzt die Vorteile – und schützt gleichzeitig die Beteiligten.
Bei Datenschutz-Fragen Team Datenschutz fragen.
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