Zusammenfassung: Zu den mehr oder weniger anerkannten Zwecken erlaubter Videoüberwachung gehört die Gefahrenabwehr von Diebstahl, Einbruch, Vandalismus, Sachbeschädigung bei Fremdeigentum, Übergriffe auf Personen und Wahrung des Hausrechts allgemein. Bei Eintritt eines Ereignisse, gegen das die Videoüberwachung eingesetzt wird, muss eine Reaktion erfolgen. Im Rahmen eines umfassenden und fundierten Sicherheitskonzepts kann eine Videoüberwachung grundsätzlich auch als Aktion vorgenommen werden. Tipps für den datenschutzrechtlich mutmaßlich korrekten Betrieb einer Videoüberwachung bei Wahrung des Hausrechts allgemein, der Gefahrenabwehr allgemein, bei Diebstahl, Vandalismus oder Verletzung des Hausrechts usw. runden den Praxistipp ab.
Ein am Waldrand gelegenes Unternehmen stellt den Beschäftigten einen Mitarbeiterparklatz zur Verfügung, der etwas abseits des Betriebsgeländes liegt. In der dunklen Jahreszeit fühlen sich etliche Beschäftigte sehr unsicher beim Weg vom Auto zum Arbeitsplatz und zurück. Es kam wiederholt zu Beschädigungen an dort geparkten Fahrzeugen, teilweise durch Parkrempler, teilweise durch Vandalismus. Da gleichzeitig am Waldrand nicht eindeutig identifizierbare Personen beobachtet wurden, eine verstärkte Polizeipräsenz die Delikte jedoch nicht unterbinden konnte, entschließt sich die Unternehmensleitung in mehreren Maßnahmeschritten, den Parkplatz einzuzäunen, besser zu beleuchten und auf Drängen des Betriebsrats auch eine geeignete Videoüberwachung einzurichten. So sollten Übergriffe auf Personen und Sachbeschädigungen an Fremdeigentum unterbunden werden. Zumindest sollten entsprechende Delikte leichte aufgeklärt werden können.
Videoüberwachung alleine ist kein Selbstzweck. Sie sollte daher Bestandteil eines Gesamtkonzepts sein. Wie wird reagiert, wen über die Videoüberwachung ein Ereignis festgestellt wird, für dessen Verhinderung oder Aufklärung die Videoüberwachung überhaupt erst installiert wurde? Wenn keine Reaktion erfolgt, kann fast schon pauschal gesagt werden, dass die Videoüberwachung nicht geeignet ist, das erwünschte Ziel zu erreichen. Wie wird eskaliert? Wer wird verständigt? Welche Reaktion erfolgt? Wer wird eingeschaltet, um die Aufklärung bei gefilmten Straftaten voranzutreiben? Gibt es einen eigenen Werkschutz, ist ein Dienstleister (Wachdienst) beauftragt, wie kann die Polizei Unterstützung leisten? Hier muss ein Konzept vorliegen, sonst kann sich rasch herausstellen, dass die Videoüberwachung ohne flankierende Maßnahmen gar nicht geeignet ist, die angestrebten Ziele zu erreichen. Diese Feststellung gilt im Übrigen für alle weiter unten näher untersuchte mögliche Zwecke der Videoüberwachung.
Ein guter Grund, der für die Einrichtung einer Videoüberwachung spricht, liegt vor, wenn in der Vergangenheit Vorfälle geschehen sind, die durch die Videoüberwachung künftig verhindert oder aufgeklärt werden sollen (siehe Praxisbeispiel oben). Kommt es zu schädigenden Ereignissen, bei denen durch eine Videoüberwachung mutmaßlich eine Gefahrenabwehr oder -verringerung erfolgen kann, sollten diese so dokumentiert werden, dass das Erfordernis der Videoüberwachung offensichtlich ist. Da die Videoüberwachung einen erheblichen Eingriff in die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen bedeutet, ist in der Folge immer wieder zu prüfen, ob durch die Videoüberwachung die gesteckten Ziele erreicht wurden. Außerdem, und das kann heikel werden, ist auch regelmäßig zu prüfen, ob dann künftig die Videoüberwachung überhaupt noch erforderlich ist. Abschalten nach erfolgreicher Nutzung ist für die Verantwortlichen immer eine schwierige Entscheidung, denn wer haftet, wenn es nach der Abschaltung erneut zu illegalen und schädigenden Handlungen kommt? Dennoch muss die Prüfung regelmäßig erfolgen.
Es kann auch vorkommen, dass Videoüberwachung als vorbeugende Maßnahme, etwa im Rahmen eines Sicherheitskonzepts oder bei Unterstützung der Logistik eingerichtet wird. Allerdings ist hier zu beachten, dass es sich um reale Gefährdungen oder nachvollziehbare Erfordernisse handelt, und nicht um abstrakte Annahmen. Das Sicherheitskonzept oder die Logistikunterstützung sollten daher von erfahrenen Sicherheitsexperten erstellt werden, die sich mit der Risikoerkennung und der Bewertung von Risiken auskennen.
Das Gabler Wirtschaftslexikon liefert in seiner Online-Version folgende Definition zum Hausrecht: „Gesamtheit der rechtlich geschützten Befugnisse, über Wohnung, Geschäftsräume und eingefriedetes Besitztum tatsächlich frei zu verfügen, andere am widerrechtlichen Eindringen zu hindern und jedermann, der ohne Befugnis darin verweilt, zum Verlassen zu zwingen“. Wer das Hausrecht widerrechtlich stört, begeht unter Umständen das Delikt des Hausfriedensbruchs, das mit Geld- oder Freiheitsstrafe belegt werden kann (§ 123 StGB). Wenn die Videoüberwachung ein geeignetes Mittel zur Wahrung des Hausrechts sein kann, dann kann sie die Bedingung f zur Herbeiführung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung erfüllen (Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten).
In zahlreichen Fällen konnte in der Vergangenheit nachgewiesen werden, dass das sichtbare Anbringen von Videokameras deutlich zur Senkung beispielsweise der Diebstahlquote beigetragen hat. Hier kommt es allerding auf die Beurteilung des Einzelfalles an. Im Erwägungsgrund 47 wird auch ein hoch interessantes Kriterium für die Beurteilung des berechtigten Interesses genannt. Bei einer sorgfältigen Abwägung gilt auch, dass „zu prüfen ist, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen.“ (Erwägungsgrund 47 zur DSGVO, Satz 3).
Diebstahl von Fremdeigentum führt bei zahlreichen Unternehmen zu teilweise hohen finanziellen Einbußen. Das betrifft hauptsächlich, aber bei weitem nicht nur den Einzelhandel. Gestohlen wird eigentlich in allen Bereichen. Wenn auf dem Betriebshof von Stadtwerken Rollen mit Kupferkabel liegen, sind diese oft ebenso Ziel von Diebstahl wie Fahrzeuge auf dem Hof eines Autohauses. Für die Gefahrenabwehr (und für die Aufklärung) hat sich die Videoüberwachung hier in zahlreichen Fällen bewährt. Allerdings genügt es für die Zweckbestimmung nicht, die allgemeine Formulierung „Gefahrenabwehr Diebstahl“ zu benutzen, es muss vielmehr konkret erklärt werden, gegen welche Art von Diebstahl sich die Maßnahme richtet und welche Gegenstände die für Diebe begehrten Objekte sind. Außerdem muss in der Dokumentation auch dargelegt werden, warum die geplante Maßnahme für das Erreichen der Zwecke geeignet sein soll.
Vor allem in der dunklen Jahreszeit häufen sich die Einbruchsdelikte. Allerdings finden viele dieser Straftaten am hellen Tag oder in der Dämmerung statt. Auch Diebe scheinen eine geregelte „Arbeitszeit“ zu schätzen. Vor allem private Eigentümer versprechen sich von der Videoüberwachung einen abschreckenden Effekt. Da die DSGVO nicht für private Datenverarbeitung gilt, soll dieser Aspekt hier nicht näher betrachtet werden. Entsprechende Meinungsverschiedenheiten müssen die Eigentümer mit sich beobachtet fühlenden Nachbarn zivilrechtlich klären. Ein Einbruch kann mit einer Videoüberwachung nicht verhindert werden. Sie kann jedoch – permanente Auswertung und Eskalation vorausgesetzt – zu einem raschen Eingreifen der Polizei oder des Werkschutzes führen. Außerdem können aus der Auswertung der Videoaufzeichnungen wichtige Indizien für die Aufklärung gewonnen werden. Verbesserung des Diebstahlschutzes nach Auswertung der Delikte kann ebenfalls ein Ergebnis aus der Videoüberwachung sein.
Viele Haueigentümer haben es schon erlebt, und es ist mehr als ärgerlich und stets mit Kosten verbunden, wenn Vandalismus als Straftat begangen wird. Sei es, dass Einrichtungsgegenstände sinnlos zerstört werden, sei es, dass Hausfronten oder Fahrzeuge durch Farbschmierereien beschädigt werden, sei es, dass es anderweitig zu absichtlich verbeigeführten Beschädigungen kommt. Vandalismus ist leider eine Zeiterscheinung. Viele Eigentümer und Unternehmensverantwortliche versprechen sich von einer umfassenden Videoüberwachung, dass dadurch Gelegenheitstäter von ihren Sachbeschädigungen abgehalten werden oder dass diese Taten zumindest dadurch leichter aufgeklärt werden können. Auch hier gilt, dass die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung umso eher gegeben ist, je mehr es in der Vergangenheit zu tatsächlichen Vandalismushandlungen gekommen ist. Das Konzept muss entsprechend strukturiert aufgebaut sein. Hier empfiehlt es sich, Expertenrat hinzuzuziehen. Nichts ist ärgerlicher, als dass man sich nach erfolgreicher Identifikation der Täter von deren cleveren Rechtsanwalt vorhalten lassen muss, dass die Videoüberwachung so gar nicht rechtmäßig erfolgt sei und somit als Beweis nicht herangezogen werden dürfe. Solche Fallen sollten durch ein sauberes Aufsetzen der Videoüberwachung von vorneherein ausgeschlossen werden.
Da Videoüberwachung kein Allheilmittel gegen die Delikte ist, für deren Verhinderung sie sorgen soll, gleichzeitig aber einen erheblichen Eingriff in die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen darstellt, ist es umso wichtiger, dass alle Umstände der Videoüberwachung, der Delikterkennung, der Aufklärung, der Veränderungen am Prozess der Videoüberwachung, der Einsichtnahme in die aufgezeichneten Daten und der Reaktionen von betroffenen Personen möglichst umfassend aufgezeichnet werden. Das gilt natürlich auch für die noch folgenden möglichen Zwecke der Videoüberwachung, die im nächsten Praxistipp näher betrachtet werden sollen.
Im nächsten Praxistipp Datenschutz 05|2018 geht es mit Hinweisen zur Videoüberwachung weiter. Einer der Schwerpunkte wird dann das Thema Gesichtserkennung sein.
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