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Speicher­programmier­bare Steuerung (SPS), Sicherheit und Datenschutz

Eberhard Häcker • 23. November 2023

Der kleine feine Datentipp

Lesezeit: ca. 9 Minuten

Schlüsselbund


In der Welt der industriellen Automatisierung kommt ihnen eine wichtige Rolle zu: Speicherprogrammierbaren Steuerungen oder kurz SPS-Steuerungen. Sie sind das Herzstück von Fertigungsanlagen und Produktionsprozessen und gewährleisten einen reibungslosen Ablauf. Doch wo Technologie im Einsatz ist, gibt es Risiken. Wir zeigen die größten Herausforderungen im Umgang mit SPS-Steuerungen aus Sicht der Sicherheit und des Datenschutzes - und geben viele anschauliche Beispiele und Tipps, wie Sie SPS-Steuerung sicher handhaben.


Neulich bei einer Begehung der Unternehmensräumlichkeiten. Die Begutachter wollten sich unter anderem ein Bild machen, welche Technikräume und Steuerungsanlagen vorhanden sind, wie diese geschützt sind und wie sie genutzt werden. Es handelte sich, um es vorsichtig auszudrücken, um eine robuste Produktionssteuerung mit der Maßgabe „Hauptsache, es funktioniert!"


Berühren verboten


Entsprechend sah die Lagerung der Kästen aus, in denen unter anderem Systeme zur speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) frei zugänglich waren – auch für Unbefugte. Die Anlage weckte den Eindruck, dass hoffentlich keiner die hier herumhängenden Kabel berührt – oder es besteht Gefahr, dass die Produktion gestört wird oder sogar ausfällt. Warum ist das heikel?


Was ist SPS-Steuerung?


Klären wir zunächst, was eine SPS-Steuerung genau ist. Speicherprogrammierbare Steuerung ist ein Computersystem, das in industriellen Anwendungen zum Einsatz kommt, um Maschinen und Produktionsprozesse zu automatisieren und zu steuern. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um einen intelligenten Schaltkasten, der verschiedene elektrische und mechanische Geräte miteinander verknüpfen kann.


Wie funktioniert eine SPS-Steuerung?


Wie SPS-Steuerung funktioniert, verdeutlicht ein einfaches Beispiel. Stellen Sie sich eine Fertigungsstraße in einer Fabrik vor, auf der Teile montiert werden. Hier sind die grundlegenden Schritte:


1) Erfassung von Informationen


Sensoren erfassen Informationen, z. B. die Position eines Teils auf dem Förderband oder die Temperatur eines Ofens.


2) Entscheidungen treffen


Die SPS-Steuerung erhält diese Infos und trifft Entscheidungen auf der Grundlage von bestimmten Regeln und Programmcode. Zum Beispiel könnte sie entscheiden, die Temperatur des Ofens zu erhöhen, wenn sie zu niedrig ist.


3) Aktuierung von Aktoren


Die Aktuierung ist ein entscheidender Schritt in der Automatisierung und Steuerung von industriellen Prozessen und Anlagen. Sie ermöglicht, die gewünschten Aktionen in vorgegebener Weise auszuführen, um den Produktionsprozess oder die Maschine zu steuern. Die SPS-Steuerung sendet dazu Signale an Aktoren wie Motoren, Ventile oder Pumpen. In unserem Beispiel könnte dies bedeuten, dass der Ofen höher erhitzt wird oder das Förderband gestoppt wird.


4) kontinuierliche Überwachung


Die SPS-Steuerung überwacht kontinuierlich die Sensoren, um sicherzustellen, dass die gewünschten Zustände erreicht werden. Sie passt die Steuerung entsprechend an.


5) umfassende Datenverarbeitung


Die gesamte SPS-Steuerung erfordert umfassende Datenverarbeitung. Viele Daten sind technischer Natur, es sind aber auch personenbezogene Daten betroffen.



Dieses grundlegende Beispiel veranschaulicht, wie Speicherprogrammierbare Steuerung arbeitet. SPS-Steuerungen können allerdings wesentlich komplexer sein und kommen in komplizierten Produktionsprozessen zum Einsatz, etwa in der Automobilindustrie, der Lebensmittelverarbeitung und anderen Branchen.




Praxisbeispiel: Die größten Risiken bei SPS-Steuerungen


Unberechtigter Zugriff


Was passiert, wenn Unbefugte oder Angreifer Zugriff auf die SPS-Steuerung erhalten? Wem das gelingt, der kann die Steuerung manipulieren, den Produktionsprozess stören und erheblichen Schaden anrichten.


Beispiel: Ein Angreifer erlangt physischen Zugriff auf die SPS-Steuerung und ändert die Programmierung so, dass die Montagebänder beschleunigen. Für die Arbeitenden wird es gefährlich.


Physische Sicherheit


Wenn die physische Sicherheit der SPS-Steuerung vernachlässigt ist, können Personen mit böswilliger Absicht direkten Zugriff darauf nehmen.


Beispiel: Während der Kündigungsphase verursacht ein Mitarbeiter, der noch physischen Zugriff auf die SPS-Steuerung hat, absichtlich Schäden an der Hardware.


Cyberangriffe


Dass SPS-Systemen vernetzt und in Unternehmensnetzwerke integriert sind, erhöht das Risiko durch Cyberangriffe. Hacker könnten versuchen, Schwachstellen auszunutzen, um die SPS-Steuerung zu übernehmen oder zu manipulieren.


Beispiel: Ein Hacker dringt in das Unternehmensnetzwerk ein und verschafft sich Zugang zur SPS-Steuerung. Er ändert die Produktionsparameter, was zu Qualitätsproblemen oder Ausfällen führt.


Fehlkonfigurationen


Bei der Konfiguration und Programmierung der SPS-Systeme sind Fehler unterlaufen. Das kann zu unerwarteten oder gefährlichen Betriebszuständen führen.


Beispiel: Ein Techniker konfiguriert versehentlich die SPS-Steuerung so, dass sie eine falsche Schaltfolge für die Montage verwendet. Es kommt zu fehlerhaften Produkten.


Mangelnde Aktualisierung und ungenügendes Patchen


Veraltete Software oder Firmware in SPS-Steuerungen kann Sicherheitslücken aufweisen, die von Angreifern ausgenutzt werden können.


Beispiel: Die SPS-Steuerung verwendet veraltete Software, für die bereits bekannte Sicherheitslücken existieren. Ein Angreifer nutzt diese Lücken aus, um die Kontrolle zu übernehmen.



Risiken der SPS-Steuerung senken


Um diese Risiken zu minimieren, braucht es angemessene Sicherheitsmaßnahmen. Das können beispielsweise sein:


•   die
Segmentierung von Netzwerken
•   die
Implementierung von Zugangskontrollen
•   die
regelmäßige Aktualisierung von Software und Firmware
•   
Schulungsmaßnahmen für Beschäftigte
•   die
physische Sicherung der SPS-Steuerung


Es gilt,
regelmäßig Sicherheitsbewertungen durchzuführen und Sicherheitsrichtlinien zu definieren, zu überprüfen, anzupassen und zu befolgen, um die Vertraulichkeit, Integrität und Sicherheit der industriellen Steuerungssysteme zu gewährleisten.


quote

"Im Zuge von SPS-Steuerungen werden also durchaus Personendaten verarbeitet, für die der Datenschutz relevant ist. Das gilt vor allem, wenn sie mit individuellen Mitarbeitern in Verbindung gebracht werden oder werden können."


Speicher­programmierbare Steuerung und Datenschutz


Betriebsdatenerfassung (BDE)


In der industriellen Automatisierung ist es durchaus üblich, dass Daten zur Betriebsdatenerfassung (BDE) über SPS-Steuerungen laufen und in diesen gespeichert werden. Schließlich spielen SPS-Steuerungen oft eine zentrale Rolle bei der Erfassung und Verarbeitung von Betriebsdaten. Dabei handelt es sich in der Regel um betriebsbezogene Daten, die nicht personenbezogen sein müssen. Dennoch überwiegen die Fälle, in denen BDE-Daten verarbeitet werden, die personenbezogene Informationen enthalten.


Im Folgenden einige Beispiele für personenbezogene BDE-Daten.


Mitarbeiter­identifikations­nummern


Wenn
Mitarbeiteridentifikationsnummern oder Namen in den BDE-Daten erfasst werden, könnten diese Daten als personenbezogen gelten. Diese Infos können relevant sein, um etwa die Leistung einzelner Mitarbeiter zu bewerten.


Arbeitszeiterfassung


Die
Erfassung von Arbeitszeiten und -aktivitäten kann verwendet werden, um die Anwesenheit und die Arbeitsleistung der Mitarbeiter zu überwachen.


Qualitätskontrolle


Wenn die BDE-Daten
Qualitätsprüfungen oder -bewertungen enthalten, können diese Informationen verwendet werden, um die Qualität der Arbeit eines Mitarbeiters zu bewerten.


Stillstandszeiten und Pausen


Die Erfassung von
Stillstandszeiten und Pausen kann dazu verwendet werden, die Effizienz der Mitarbeitenden zu beurteilen.


Produktions­geschwindigkeiten


Informationen zur Produktionsgeschwindigkeit können dazu verwendet werden, die Leistung der Mitarbeiter bei der Steuerung von Maschinen und Anlagen zu bewerten.



I
m Zuge von SPS-Steuerungen werden also durchaus Personendaten verarbeitet, für die der Datenschutz relevant ist. Das gilt vor allem, wenn sie mit individuellen Mitarbeitern in Verbindung gebracht werden oder werden können. Ob dies die Regel oder die Ausnahme ist, hängt von den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Produktionsanlage und Anwendung ab. In Deutschland ist in der Regel der Betriebsrat zu beteiligen.



Beispiel Fertigung & Montage


Die
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat verschiedene Anforderungen an Datenverarbeitung, die jeder einhalten muss, der personenbezogene Daten verarbeitet. Wie kann Datenschutz im Zusammenhang mit SPS-Steuerungen gefährdet sein?


Um das anschaulich zu machen, betrachten wir das
Beispiel einer Fertigungsstraße zur Automontage.


Datenschutzrisiko unberechtigter Zugriff auf personenbezogene Daten


Laut
Datenschutzrecht gilt es, den unberechtigten Zugriff auf Personendaten zu verhindern. Werden personenbezogene oder auf Personen beziehbare Informationen in den Produktionsprozessen beabsichtigt oder unbeabsichtigt erfasst oder abgerufen, liegt ein Zugriff vor.


Betroffene personenbezogene Daten


Welche Personendaten können hier betroffen sein? An der Fertigungsstraße in unserem Beispiel werden
Mitarbeiteridentifikationsnummern verarbeitet, Gesichtsbilder von Arbeitern, biometrische Daten und Informationen über Auftragnehmer und externe Dienstleister.


Datenschutz-Grundsatz Datenminimierung


Wenn nicht sichergestellt ist, dass nur die für den Produktionsprozess
unbedingt erforderlichen personenbezogenen Daten erfasst und verwendet werden, führt das schnell zu Datenschutzverletzungen. Das gilt es aus Sicht des Datenschutzes zu prüfen – in der Regel liegt diese Aufgabe bei Datenschutzbeauftragten.


Werden
zu viele oder unnötige personenbezogene Daten erfasst, verletzt das die Datenschutzprinzipien der Datentransparenz und Datenminimierung.


Datenschutzrisiko mangelnde Verschlüsselung und Datensicherheit


Sind personenbezogene Daten nicht
angemessen verschlüsselt oder geschützt, sind sie während der Übertragung oder Speicherung gefährdet. Angemessene Schutzmaßnahmen (technisch und organisatorisch) sind dann obligatorisch und müssen von Datenschutzbeauftragten geprüft werden. Das betrifft alle personenbezogenen Daten, die im Produktionsprozess verwendet werden, einschließlich solcher, die in Geräten oder auf Servern gespeichert sind.


Datenschutzrisiko Verlust oder Veränderung von personenbezogenen Daten


Physische oder technische Probleme wie
Hardwareausfälle oder Störungen im Produktionsprozess könnten dazu führen, dass personenbezogene Daten verloren gehen oder verändert werden.


Datenschutzrisiko mangelnde Transparenz und Datenaufbewahrung


Zu Datenschutzverstößen kommt es auch, wenn keine
Richtlinien zur Datenaufbewahrung vorliegen und es an Transparenz fehlt, wie lange personenbezogene Daten im Produktionsprozess aufbewahrt werden.




Tipps & Maßnahmen, die SPS-Steuerung sicher zu gestalten

Tipp Nr. 1

Stellen Sie sicher, dass SPS-Steuerung überhaupt als relevant für Sicherheit und Datenschutz erkannt ist.

Tipp Nr. 2

Schaffen Sie eine Übersicht der eingesetzten Systeme für SPS-Steuerung.

Tipp Nr. 3

Erstellen Sie für SPS-Steuerung eine Sicherheitsrichtlinie, die regelmäßig auf Vollständigkeit und Aktualität geprüft wird und die bei Bedarf geändert oder ergänzt wird.

Tipp Nr. 4

Sorgen Sie dafür, dass SPS-Steuerung immer über aktuelle Firmware verfügt.

Tipp Nr. 5

Stellen Sie sicher, dass Geräte zur SPS-Steuerung physisch so geschützt sind, dass Unbefugte keinen Zugang und keinen Zugriff auf die Systeme erlangen können.

Tipp Nr. 6

Tragen Sie Sorge, dass Systeme zur SPS-Steuerung sicher gewartet werden.

Tipp Nr. 7

Prüfen Sie, ob für SPS-Steuerung die Grundsätze der Datenverarbeitung nach Artikel 5 DSGVO erfüllt sind, wenn dort personenbezogene oder auf Personen beziehbare Daten verarbeitet werden.

Tipp Nr. 8

Stellen Sie sicher, dass für SPS-Steuerung eine Datenschutz-Risikoanalyse erfolgt ist, die regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst wird.

Tipp Nr. 9

Stellen Sie sicher, dass SPS-Steuerung in der Regelüberprüfung von Datenschutzbeauftragten auch angemessen geprüft wird.

Tipp Nr. 10

Setzen Sie für SPS-Steuerung eine angemessene Verschlüsselung ein.

Tipp Nr. 11

Stellen Sie sicher, dass für SPS-Steuerung Datenspeicherung nur datenschutzkonform vorgenommen wird.


Wir wünschen viel Erfolg, SPS-Steuerungen sicher und DSGVO-konform zu regeln!



Und die Kernfrage: Kann sichergestellt werden, dass Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) angemessen sicher und datenschutzkonform ausgeführt wird
?

Bei Datenschutz-Fragen Team Datenschutz fragen.


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